Das russische Militär bediente sich aus den Beständen der Bevölkerung, oft in
sinnloser Verschwendung. Wegen eines Stück Fleisches wurde oft eine Kuh oder
ein Schwein erschossen und dann liegen gelassen.
Die reichlich vorhandenen Lebensmittel waren auf diese Weise sehr schnell
aufgebraucht. Auch das nur knapp vorhandene Holz für den Winter war schnell
verbrannt: Kurzerhand verheizten die Russen die Möbel und
Einrichtungsgegenstände. Wenn das auch nicht reichte verheizten sie die
Fensterrahmen und Türen und schließlich noch Fußböden und sogar erreichbare Dachkonstruktionen.
Weder Decken noch Bettlaken, nicht einmal Kissen und
Federbetten entgingen ihrem Zugriff. Vor allem Uhren gehörten zu ihren
bevorzugten Plünderungsobjekten.
Einigen gelang es, einige Habseligkeiten durch Vergraben in der Mistgrube zu retten.
Die Zahl der Toten vom 21. Dezember 1944 bis zum 1. Mai 1945 ist auf 141
gestiegen. In den Vorjahren lag der Jahresdurchschnitt bei 80 Beerdigungen.
In der Pfarrchronik steht unter dem 14. Februar:
„ Es gibt ungeheuer viele Gefangene. Auch nach Zsámbék brachten sie 800.“
Oft schauten die Kinder zu, wenn sie Gefangene durch Zsámbék trieben.
Hinter dem „Kapitel“ (so hieß ein Ortsteil) war ein tiefer Lehmgraben,
dort schossen sie gefangene Soldaten nieder, so dass sie rücklings in den
Graben fielen.
Die Juden in Zsámbék
Die große jüdische Gemeinde in Zsámbék war schon 1930 auf 80 Seelen
zusammengeschrumpft. Infolge der 1938 einsetzenden radikalen antijüdischen
Gesetzgebung nahm sie noch weiter ab.
Am 26. April 1944 kam die Verordnung heraus jüdische Wohnungen zu
beschlagnahmen und die jüdische Bevölkerung in Zwangswohnungen
einzuweisen. Damit begann auch der Leidensweg der jüdischen Mitbürger
in Zsámbék. Als die von den Deutschen geforderte Internierung und Deportation
der Juden in Konzentrationslager am 15. Mai begann, waren die Zsámbéker Juden
die ersten, die abtransportiert wurden.
(Die Budapester Juden kamen in das Getto.) Sie wurden bei einer Nacht - und Nebelaktion fast unbemerkt in das Sammellager nach Promontor und von dort in
Konzentrationslager gebracht.
Über das grausame Schicksal dieser Zsámbéker Mitbürger erfuhr man in der
kommenden Zeit wenig. Ganz Schlimmes ahnte man erst, als zweimal größere
Gruppen von Juden unter deutscher Bewachung durch das Dorf getrieben wurden
und einige Bauern Vorspann leisten mussten.
Sie berichteten von willkürlicher Erschießung der Kranken und Müden unterwegs.
Das letzte Jahr in Zsámbék
Das Jahr 1945 war ein Jahr des Todes für die Gemeinde Zsámbék.
Von Weihnachten 1944 bis Ende Dezember 1945 starben insgesamt
273 Menschen aus Zsámbék, das war das 3,5fache eines normalen
Jahresdurchnitts.
20. März 1945: Nach langer Zeit ertönt zum ersten Mal
die Glocke zum Engel-des-Herrn. Die Front zieht immer weiter.
Heute ist der 1. Tag an dem die Bewohner keinen Kanonenschuss
gehört haben.
24. März 1945: Ein wunderschöner Frühlingstag.
Das Leben läuft langsam an. Man fängt an, Ordnung zu schaffen.
8. April 1945: Die letzten deutschen Truppen verlassen Ungarn.
29. April 1945: Die letzten russischen Soldaten verlassen Zsámbék.
Der Krieg war noch nicht vorbei, in der Ferne hörte man immer noch
die Kanonenschläge, aber das Leben fing an zu erwachen.
Die Bevölkerung begann die Häuser wieder in Ordnung zu bringen,
die Dächer umzudecken und die Schäden zu beheben.
Die Hoffnung schlug neue Wurzeln, das alles wieder in Ordnung kommt.
Ab Gründonnerstag fanden die Zeremonien in der hergerichteten Kirche
statt. Die Osterglocken zur Auferstehungsfeier erhielten einen
einmaligen Symbolwert.
Die Prozession wurde in der Altgewohnten Weise gehalten
- nur die deutschen Lieder fehlten-.
-Das deutsche Wort war in der Öffentlichkeit verbannt.-
Die Vertreibung
April 1946. Ein unauslöschliches Datum in der über 230jährigen Geschichte
Zsámbéks. Man hat innerhalb weniger Tage rund 3700 Deutsche oder
„Schwaben“ (wie man sie in Ungarn nannte) des Landes verwiesen.
Das ist das tragischste Ereignis in der Geschichte von Zsámbék.
Keiner wollte es glauben, dass die ungarische Regierung von der Möglichkeit
der Ausweisung gebrauch macht. Die Budaörser Landsleute waren die ersten,
die bereits 15 Tage nach Erscheinen der Verordnung von dieser betroffen waren.
Am 19. Januar verließ der 1. Transport die Großgemeinde Budaörs.
Nun zweifelte kaum noch jemand daran, dass dies bald auch die Zsámbéker
treffen wird. Am 20. März 1946 erschien am Aushängebrett der Gemeinde die
Liste aller umsiedlungspflichtigen Personen, nach Namen und Hausnummern
sortiert. Ca. 3700 = 82% der Zsámbéker Bevölkerung wurden vertrieben.
Das gesamte Hab und Gut der Deutschen wurde vom Staat konfisziert.
180 Volkspolizisten umzingelten das Dorf, das von jetzt an nur noch mit
Sondergenehmigung verlassen werden durfte. Schon bald kam das große
Abschiednehmen: von Haus und Hof, den Toten auf den Friedhöfen, der Kirche
wo man in so mancher Not Trost suchte. Man musste Abschied nehmen von
Verwandten, Freunden und Bekannten.Es waren 4 Transporte mit denen die
Zsámbéker am 5., 7., 8. und 13. April den Weg in die Heimatlosigkeit antraten.
Sie fuhren in das Land ihrer Vorfahren, welches ihnen allen total fremd war.
Am Freitag, den 5. April 1946 hat man sie mit Bauernwagen aus ihren Häusern
abgeholt und zur Bahnstation gefahren. Immer wieder warfen sie einen Blick zurück
auf ihr Dorf, die Alte Kirche, bis die Umrisse Zsámbéks aus ihren Augen
entschwanden. Niemand von ihnen wusste, ob sie ihr Heimatdorf je wieder sehen
würden. In so manchen Augen standen Tränen. Bis zur Grenze wurden sie von
2 ungarischen Polizisten begleitet. An der Grenze in Herceghalom wurde ihr
Gepäck von Polizisten durchsucht. Es durften 20 kg Lebensmittel und 80 kg Haushaltsgegenstände pro Person mitgenommen werden. Die kommende Nacht
Verbrachten sie im Freien. Am Samstag wurden sie „einwaggoniert“, es waren
1200 Personen im Zug. Niemand wusste wohin der Weg geht. In den einzelnen
Viehwaggons waren ungefähr 40 Personen zusammengepfercht, vom Kleinkind
bis zum Greis. Die Türen waren verschlossen. Die Gegend unterwegs konnte man
nur durch die kleinen Luken sehen. In Piding (Bayern) hat man sie ärztlich
untersucht und entlaust. Hier bekamen sie zum 1. Mal etwas Warmes zu essen
Verordnung Nr. 12.330/1945. M. E. über die Aussiedlung der deutschen Bevölkerung Ungarns nach Deutschland
(Veröffentlicht am 29. Dez. 1945. — M. K.* Nr. 211)
Aufgrund des Beschlusses des Ministeriums und des Alliierten Kontroll-Rates
vom 20. November 1945 über die Umsiedlung der deutschen Bevölkerung Ungarns
nach Deutschland wird in Sachen Durchführung des erhaltenen Auftrags
nach § 15 des Gesetzesartikels 1945:XI Folgendes verfügt:
I. § Zur Umsiedlung nach Deutschland sind jene ungarischen Staatsbürger
verpflichtet, die sich anlässlich der letzten Volkszählung zur deutschen
Nationalität oder Muttersprache bekannt haben, oder die ihren madjarisierten
Namen in einen deutsch klingenden zurückändern ließen, ferner die Mitglied
einer bewaffneten deutschen Einheit (SS) waren.
M. K. = Ungarischer Staatsanzeiger
Kopie einer Originalliste der Ausweisung.
Die Vier Transporte wurden in drei nicht benachbarte Landkreise einer in Hessen und drei in Baden-Württemberg auf rund 80 Gemeinden verteilt.
Folgende Gemeinden in der damaligen amerikanischen Zone nahmen
die Zsámbéker nach der Vertreibung auf:
1. Transport im Kreis Wetzlar in Hessen :
Atzbach, Dorlar, Fronhausen, Hermannstein, Kinzenbach, Krofdorf-Gleiberg,
Launsbach, Lollar, Odenhausen, Salzböden, Waldgirmes, Wetzlar und Wißmar.
2. Transport im Kreis Leonberg:
Ditzingen, Gerlingen, Höfingen, Korntal, Leonberg, Maurer-Hof, Münchingen, Renningen, Schaffhausen, Warmbronn, Weil der Stadt.
Den 3. Transport im Kreis Heidenheim an der Brenz:
Ballmersthofen, Brenz, Bolheim, Burgberg, Demmingen, Dettingen, Dischingen, Dunstelkingen, Frickingen, Gerstetten, Giengen, Großkuchen, Gussenstadt,
Hausen, Heidenheim, Heldenfingen, Herbrechtigen, Hermaringen, Heuchlingen, Hohenmemmingen, Hürben, Itzenberg, Katzenstein, Mergelstetten, Nattheim, Niederstotzingen, Oggenhausen, Reuendorf, Schnaitheim, Söhnstetten, Sontheim,
Steinheim, Truggenhofen.
Der 3. Transport wurde am meisten zerrissen und auf 33 Gemeinden verteilt.
4. Transport im Kreis Karlsruhe:
Auerbach, Bretten, Burchhausen, Burbach, Ettlingen, Ettligensweier, Etzenrot,
Forchheim, Langensteinbach, Marxzell, Neuburgweiler, Schielberg, Schöllbronn,
Pfaffenrot, Spessart, Völkersbach, Wolfahrtsweier.